1960/1970

Wer nimmt noch die Pille?

SpiraleVerhütung – Hat die Pille bald ausgedient? ist ein interessanter Beitrag über die Weiterentwicklung von Verhütungsmethoden für beide Geschlechter und erzählt die erschütternde Geschichte einer Frau aus Frankreich, Marion Larat, die aufgrund von Nebenwirkungen der Pille einen Schlaganfall hatte und jetzt für mehr Aufklärung und Transparenz kämpft.

Wer in Wien lebt oder bald dorthin kommt sollte unbedingt das MUVS besuchen – das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch. Es gibt einen guten Überblick von der Geschichte der Verhütung, der Entwicklung des Schwangerschaftstests und den modernen Schwangerschaftsabbruch.

Die Sprache der Erotik nach Carolee Schneemann

Ich lebe am Rand des Rotlichtbezirks von Zürich. Meine täglichen Wege führen mich an Bars und Cabaret-Clubs mit Namen wie „Mephistos Töchter“, „Magnus“ oder „Egoist“ vorbei. Oft streift mein Blick über die Schaukästen vor der Eingangstür, in denen weibliche Körper auf Fotos angepriesen werden. Leicht bekleidet im Bikinihöschen spreizen sie ihre Beine auf einem Stuhl sitzend oder präsentieren mit ihren beiden Händen den Vorbeigehenden ihre nackten Brüste. Die erotische Darstellung, die den Blick stimuliert und den weiblichen Menschen als einfach greifbares Ding vermittelt, ist ein Griff in die Mottenkiste: tausendmal gesehen, nicht sehr originell und schnell umsetzbar ist diese Strategie. Aber wo sind andere Sprachen der Erotik zu finden, die den weiblichen Körper nicht gleichzeitig idealisieren und tabuisieren? Darstellungen, die den Ausdruck von Sexualität ermöglichen, der die Oberflächen durchbricht? Bei meinen Recherchen bin ich auf die Arbeiten der Künstlerin Carloee Schneemann gestossen. Besonders während der 1960er und 1970er Jahre hat sie grosse Vorarbeit auf dem Gebiet der erotischen Bildsprache geleistet. In ihrer „body art“ werden die Dimensionen des nackten Körpers als visuelles Territorium erweitert. Ihr Film „Fuses“ (1964-66) zelebriert die Intensität und ozeanische Qualität des Liebesaktes – übrigens aus der Sicht ihrer Katze Kitch.

Die Dimension der Tiefe, die in „Fuses“ vermittelt wird, bezieht sich nicht nur auf das sexuelle Erleben des Körpers, sondern auch auf die Qualität des Filmes selbst. Das Experimentieren mit dem Medium wird voll ausgereizt: Schneemann kratzt an der Oberfläche des Filmes, malt und zeichnet auf ihm. Der Filmstreifen wird so dicht, dass gewisse Abschnitte nicht gedruckt werden können.Wenn eine Frau in den 1960er Jahren ihre sexuelle Lust lebt, dann ist das ein Skandal. Eine Bedrohung. Während einer Performance von “Meat Joy” (1964) wird sie von einem Zuschauer gewürgt, und die Filmverarbeitungsfirma verlangt ein psychiatrisches Gutachten für jeden Teil von “Fuses”, den sie entwickeln lassen will.

Film ansehen

Fuses. 1964-66, 29:51 min, color, silent, 16 mm film on video

Fuses. 1964-66, 29:51 min, color, silent, 16 mm film on video

Fuses. 1964-66, 29:51 min, color, silent, 16 mm film on video

Meat Joy. Erstmals aufgeführt 1964 auf dem Festival of Free Expression, Paris

Literatur: Carolee Schneemann: Imaging Her Erotics: Essays, Interviews, Projects.MIT Press, Cambridge, Mass. 2003