Rosa/Blau

DO NOT TOUCH, boys.

Aussen blau, innen rosa. Das ist das „neue“  Mädchen! Warum brauchen Mädchenfüsschen andere Schuhe als Jungsfüsschen? Und wie sehen „homosexuelle“ Schuhe aus? Neue Sportschuhe klären auf.

Das - ist - Mädchen.

„Discovery“ und „adventure“ für Mädchen.

Vor kurzem wollte ich Schuhe für meinen vierjährigen Sohn kaufen. Die Verkäuferin präsentiert mir eine Reihe von vier Schuhen nebeneinander auf einem Regal. Ein Modell ist hellblau mit pinkem Innenfutter. Das erste und einzige Verkaufskommentar, das ich zu hören bekomme, ist: „Das ist Mädchen.“ (So, Jonathan, beware, do not touch! … ) Die Erkenntnisse der Geschlechterforscher_innen haben die Marketingabteilungen der Schuhindustrie infiltriert, aber nur halbherzig. Der Code „Pink vs Blue“ besteht weiter.

Innen pink, aussen blau.

Innen pink, aussen blau – das Wesen des „neuen“  Mädchens.

Die Verwirrung der Farben prallt auf den alltäglichen, heterosexuellen Essentialismus: an der Oberfläche, aussen, ist der Schuh zwar anders (blau), aber innen, der Kern, ist immer noch ein sauberes, kristallklar, echtes „Mädchen“. Ich musste laut und herzhaft lachen, als mir die Verkäuferin die Welt erklärte, und mich dann sofort bei ihr entschuldigen. Sie erfüllt ja nur ihre „job description“.

jungs_schuhe

Die Schuhe für Jungs sind – und bleiben – dunkelblau mit neutralem Gelb als Innenfutter. Was sagt das über die Richtung des Wandels aus?

Ausserdem steht auf der pinken Jacke im Hintergrund: „Discovery“ und „adventure“. Ich verfalle in einen Geschlechterrollentaumel und kenne mich gar nicht mehr aus. Ja, da wurde nochmals getrickst. Wer bin ich, was darf ich sein? Als konstruktiv denkender Mensch kann ich es aber nicht darauf belassen, einfach nur zu kritisieren. In Wahrheit bin ich sehr, sehr froh und dankbar, dass sich diese kleinen Farbtricks und Identitätsimperative schön langsam im kommerziellen Mainstream verbreiten und hoffe, dass sie zu grösseren in anderen Bereichen des Lebens anstossen.

Hier geraten auch Graubereiche in Veränderung: Der Skateboarder Brian Anderson wirbt für Nike für Schuhe mit pinker Sohle. Seit er offiziell schwul ist?

Der Skateboarder Brian Anderson wirbt für Nike für Schuhe mit pinker Sohle. Seit er offiziell schwul ist?

Der Skateboarder Brian Anderson wirbt für Nike für Schuhe mit pinker Sohle.

 

 

 

 

Run like a girl

Zweimal wunderschön

Jung & Schön ist ein französisches Filmdrama des Regisseurs François Ozon aus dem Jahr 2013. Marine Vacth spielt in der Hauptrolle eine siebzehnjährige Schülerin die aus Faszination und Streben nach schnellem Geld in die Prostitution gerät. (Wikipedia)

JEUNE ET JOLIE (dt.:Jung & Schön) ist ein französisches Filmdrama des Regisseurs François Ozon aus dem Jahr 2013. Marine Vacth spielt in der Hauptrolle eine siebzehnjährige Schülerin die aus Faszination und Streben nach schnellem Geld in die Prostitution gerät. (Wikipedia)

Die beiden Filme haben mich in den letzten Wochen sehr berührt. Es sind junge Frauen unter 20, die die Hauptrollen spielen. Zu selten kommt ihre Gefühlswelt in den Blick eines breiteren öffentlichen Kinopublikums.

LA VIE D'ADÈLE. (dt.: Blau ist eine warme Farbe). Filmdrama aus dem Jahr 2013. Die Handlung basiert auf dem gleichnamigen französischen Comic von Julie Maroh. Der Film gewann die Goldene Palme bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2013.

LA VIE D’ADÈLE. (dt.: Blau ist eine warme Farbe). Filmdrama aus dem Jahr 2013. Die Handlung basiert auf dem gleichnamigen französischen Comic von Julie Maroh. Der Film gewann die Goldene Palme bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2013.

Das Thema der Pubertät oder jungen Erwachsenen, wie Menschen in dieser Phase der Entwicklung zum ausgereiften Erwachsensein oft genannt werden, ist nicht „sexy“ genug (um ein grauenhaftes Adjektiv zu verwenden, das im ausuferndem Sprachraum der Anglizismen zur Beschreibung von präzis gezeichneten Bauplänen bis hin zu attraktiv gestalteten Besteckringen von allen Anwesenden kopfnickend eingesetzt wird)?

Ich vermute, dass erfolgreiche Regisseure wie François Ozon aus eigener Erfahrung sprechen und als Väter einer Tochter versuchen, deren Sichtweise auf das Leben zu verstehen. Nun zu meinen eigenen Vorurteilen: Als ich diese jungen Frauen anfangs auf der Leinwand sah, dachte ich mir: die sind so jung und unerfahren und grün hinter den Ohren. Wird mich ihre Geschichte interessieren? Aber dann wurden mir die Augen und Ohren geöffnet. Ganz für mich unerwartet handelten diese Frauen mit einer selbstbestimmten und fesselnden Liebe für das Leben, das ihnen gehört und noch vor ihnen liegt. Dieser Rausch kommt mir manchmal abhanden. Danke Mister Ozon, Jeune et jolie ist ein Geschenk!

Ausstellung über die Farbe Rosa

Am Dienstag, dem 17.09.13 um 17h, findet die Vernissage der neuen Ausgabe der ROSA und der Ausstellung „Die Farbe Rosa“ im Institut für Populäre Kulturen, Zürich, statt.

Prof. Dr. Ingrid Tomkowiak
Institut für Populäre Kulturen
Universität Zürich
Affolternstrasse 56, CH-8050 Zürich, +41-(0)44-634 24 36
itom@ipk.uzh.ch, http://www.ipk.uzh.ch

Zur bipolaren Objektgestaltung

Soviel blauer Müll, soviel rosa Müll füllt die Spielzimmer der Jüngsten und nimmt ihnen jede Chance, das ganze frohe Farbspektrum dieses Planeten zu erkunden. Und dann müssen wir in der Zeitschrift für Gestaltung (Zett, Das Magazin der Zürcher Hochschule der Künste) der renommiertesten Kunsthochschule der Schweiz lesen, dass genderspezifisch gestaltete Objekte für die „„Orientierung“ im Alltag durchaus nützlich und wichtig“ sind? Diese These gilt zumindest laut Prof. Michael Krohn, den Leiter des Studiengangs Master of Arts in Design, für erwachsene Frauen und Männer, die aufgrund ihrer „unterschiedlichen Bedürfnisse“ und „Fähigkeiten“ bestimmte „Ansprüche“ an die Objektwelt stellen. Das sei Tatsache, so der Autor. Dass Frauen weiche, helle Kurven und Männer harte und dunkle Ecken bevorzugen, wird in dem Artikel nicht weiter hinterfragt, sondern als kulturelle Gegebenheit analysiert.

"Weibliche Sphäre" des Rasters zur Beurteilung der Gender-Bedeutung von ausgewählten Objekten

"Weibliche Sphäre" des Rasters zur Beurteilung der Gender-Bedeutung von ausgewählten Objekten

Problematisch finde ich auch die These, dass ein klares Erkennen von Gender Codes einem „subtilen, unterschwelligen“ Erkennen von Zeichen zwecks „besserer Wahrnehmung“ vorzuziehen sei. Überspitzt gesagt: Kann ich Objekte, die weder rosa noch blau, sind, schwer wahrnehmen? Sind wir schon so weit? Worum geht es eigentlich bei der bipolaren Gestaltung? Spontan würde ich sagen um „Produktzwiefalt“ – und nicht um ein „besseres“ Lesen unserer Umwelt. Durch die bipolare Gestaltung verarmt die Dingwelt. Wenn sich alle Objekte an den bipolaren Design-Extremen von „männlich“ und „weiblich“ ansiedeln müssen, dann lassen wir ein grosses Feld von Gestaltungsmöglichkeiten brach liegen.
"Männliche Sphäre" des Rasters zur Beurteilung der Gender-Bedeutung von ausgewählten Objekten

"Männliche Sphäre" des Rasters zur Beurteilung der Gender-Bedeutung von ausgewählten Objekten

Meiner Ansicht nach hätte sich der Autor mit seinen eingangs gestellten Fragen, die er nicht weiter verfolgt, tiefgehender beschäftigen sollen. So hält er zum Beispiel eingangs fest, dass bipolare Gegensätze (männlich/weiblich) in der Gestaltung von Produkten „immer wieder von Neuem bedient und damit weiter gefestigt“ werden. Er sieht die Möglichkeit der Alternative, in einer „(fast) emanzipierten Gesellschaft“ das Design von genderspezifisch gestalteten Objekten aufzugeben. Ich denke, diese Einsicht würde interessante Sichtweisen aufwerfen, die der Pluralität unserer Konsumgesellschaft wirklich Rechnung tragen könnte. Der Autor beginnt jedoch den darauffolgenden Satz mit der Behauptung „Tatsache ist“ und fährt damit fort, „dass Frauen und Männer einen geschlechtsspezifisch geprägten Zugang zur Wahrnehmung und Interpretation von Gegenständen haben“. Mit dieser biologistischen Argumentationslinie begibt er sich wieder in den Zirkel des bipolaren Geschlechterunterschieds, der sich immer wieder reproduziert und selbst bestätigt.

Abschliessendes Kommentar: Über die Nachricht, dass Gender-Themen in den Designunterricht intergriert werden, freue ich mich sehr. Zu meiner Designstudienzeit waren wir Lichtjahre davon entfernt. Es wurde uns lediglich gesagt, dass die „Frauen“ sicher eine Stelle finden würden, weil Produktdesign ein Männerberuf sei – obwohl „Frauen“ öfter shoppen gehen.

aufgeschnappt

schwester zum bruder: „was denkst du? (die stimme senkt sich) das darf ich nicht so laut sagen. (sie flüstert) sehen die schuhe meines sohnes aus wie mädchenschuhe? (sie zeigt auf die schuhe an den kleinen füsschen) was denkst du? huh, ich hoff ich hab da nichts falsch gemacht…  wenn ich ihm das sage … das kann ich ihm nicht sagen, da wird er mir böse sein…“

Ordnung muss sein

Rosa und Blau flankieren ordnungsgemäss die Liege/Liebe des Vaters.

Rosa und Blau flankieren ordnungsgemäss die Liege/Liebe des Vaters.

Rosa und Blau flankieren ordnungsgemäss die Liege/Liebe des Vaters.